von Christina Wittwer

Vorzeitiges Ende des Anspruchs auf Mutterschaftsentschädigung

Das Bundesgericht weist die Beschwerde einer Nationalrätin im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Anspruchs auf Mutterschaftsentschädigung ab. Es erinnert daran, dass die Mutterschaftsentschädigung bei einer Wiederaufnahme der Arbeit durch die Mutter während der 14-wöchigen Anspruchsdauer nur dann weiter bezogen werden kann, wenn es sich um eine marginale Nebentätigkeit mit einem jährlichen Maximallohn von CHF 2'300 handelt. Das ist hier nicht der Fall.

 

Gemäss dem Bundesgesetz über den Erwerbsersatz (EOG) haben Frauen nach der Geburt eines Kindes während 14 Wochen Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung. Der Anspruch endet vorzeitig, wenn die Mutter ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnimmt (Art. 16d EOG). Das Bundesgericht entschied 2022 (148 V 253, Medienmitteilung vom 4. April 2022) auf Beschwerde einer Nationalrätin, dass als Erwerbstätigkeit in diesem Sinne auch ein Nationalratsmandat gelte. In der Folge wurde das EOG um den Zusatz ergänzt, dass der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung nicht vorzeitig endet, wenn die Mutter als Ratsmitglied an Rats- und Kommissionssitzungen von Parlamenten auf Bundes-, Kantons- oder Gemeindeebene teilnimmt, an denen eine Vertretung nicht vorgesehen ist. Noch bevor diese Bestimmung per 1. Juli 2024 in Kraft trat, hatte die Nationalrätin während des Bezugs einer weiteren Mutterschaftsentschädigung an Parlamentssitzungen teilgenommen. Die Ausgleichskasse verpflichtete sie deshalb zur Rückzahlung der seither erhaltenen Mutterschaftsgelder. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies ihre Beschwerde ab. Das Bundesgericht weist ihre Beschwerde ebenfalls ab. Die Nationalrätin hatte implizit verlangt, dass der Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung dann ende, wenn die Mutter mit der Erwerbstätigkeit während der 14-wöchigen Bezugsdauer ein Einkommen von über CHF 2'300 erzielt.

 

Diese Auffassung steht gemäss Bundesgericht im Widerspruch u den klaren gesetzlichen Vorgaben. Es bestehen keine triftigen Gründe, um davon abzuweichen. Etwas anderes lässt sich auch aus dem Entscheid BGE 139 V 250 von 2013 nicht herleiten. Das Bundesgericht kam darin zum Schluss, dass keine Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 16 EOG vorliege, wenn damit nur ein geringfügiger Lohn erzielt wird (aktuell jährlich CHF 2'300); in diesem Fall sei von einer marginalen Nebentätigkeit auszugehen, die den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung nicht vorzeitig beende. Damit wurde aber nicht eine Art «Freibetrag» für jede Erwerbstätigkeit während des Bezugs der Entschädigung definiert. Im konkreten Fall steht fest, dass es sich beim Nationalratsmandat angesichts des damit erzielten Jahreseinkommens nicht um eine marginale Nebentätigkeit handle. Art. 16 EOG.

 

Quelle: BGer, 3.10.2024 (9C_290/2024, Medienmitteilung des Bundesgerichts 5.11.2024

 

www.bger.ch

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